Neurobiologische Zusammenhänge / Fehlfunktion von Botenstoffen

13.12.2023

Die neurobiologischen Zusammenhänge der Depression sind noch immer nicht umfassend geklärt, es gibt jedoch einige Aspekte, welche eine Rolle spielen:

– Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin

Die Wirkungsweise der meisten Antidepressiva beruht auf der Hemmung der Rückaufnahme von Serotonin und/oder Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt.

Die Frage, ob der Mangel dieser Stoffe im synaptischen Spalt die Ursache oder die Folge der Depression ist, kann bis heute nicht abschließend beantwortet werden.

– Stress-Achse

Eine Überaktivität der Stresshormonachse ist bei depressiven Patienten oft beschrieben worden, teilweise wurden auch erhöhte Cortisolspiegel in Blut und Liquor gemessen.

Im Tierversuch wurde belegt, dass Ereignisse und Lebensbedingungen während der frühen Kindheit dauerhafte Konsequenzen für die Stressbewältigung im späteren Leben haben.

– CRH

In Versuchsreihen konnten bei einem erheblichen Teil depressiver Patienten im Gehirn erhöhte Werte des Corticotropin-Releasing-Hormons (CRH) nachgewiesen werden. Aus Tierversuchen weiß man, dass eine künstliche Zufuhr von CRH depressions-ähnliches Verhalten auslöst.

Substanzen, welche CRH im Gehirn blockieren, sind jedoch nur wirksam, wenn ein erhöhter CRH-Wert die Ursache der Depression ist und dies ist mit der bisher üblichen Diagnostik nicht im Vorfeld zu erkennen.

Forschungsarbeiten am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München mit genetisch veränderten Mäusen, welche auf Stressbelastung mit überschießender CRH-Produktion reagierten, haben gezeigt, dass diese Tiere Veränderungen im Schlaf-EEG aufwiesen. In einer Studie konnte belegt werden, dass alle Patienten mit denselben Veränderungen im Schlaf-EEG besonders gut auf CRH-Blocker ansprechen.

Daraus ergibt sich ein hoffnungsvoller Ansatz für die zukünftige Depressionsbehandlung.

Ceramide

Forscher der Universitäten Erlangen und Essen haben die Rolle von Ceramiden bei der Entstehung von Depressionen untersucht.

Bei depressiven Patienten wurde eine erhöhte Aktivität der sauren Sphingomyelinase (acid sphingomyelinase – ASM), eines Ceramid produzierenden Enzyms, im Gehirn beobachtet.

Daraufhin wurden genetisch veränderte Mäuse gezüchtet, deren Ceramid-Haushalt sich gezielt beeinflussen lässt. Die Erhöhung der Ceramid-Spiegel führte bei den Tieren zu depressions-ähnlichem Verhalten.

Die bisher bekannten Antidepressiva hemmen unabhängig von ihrer serotonergen Wirkung auch die saure Sphingomyelinase und reduzieren so die Ceramid-Werte im Gehirn.

Die Verminderung von Ceramid führt im Hippocampus (einem Teil des limbischen Systems) zu einer vermehrten Neubildung von Neuronen und zur Verbesserung der Depression. Eine verminderte Neubildung von Neuronen wird als Depressionsursache diskutiert.

Diese Erkenntnisse können zur Entwicklung besserer Behandlungsmöglichkeiten beitragen.

Hegerl Ulrich, Althaus David, Reiners Holger, Das Rätsel Depression – Eine Krankheit wird entschlüsselt, 2. Auflage, 2006 Verlag C.H.Beck, München

http://www.holsboer.de/PDF/AGV_130612.pdf Stand März 2015

http://www.uk-erlangen.de/presse-und-oeffentlichkeit/newsroom/pressemitteilungen/ansicht/detail/durchbruch-in-der-depressionsbehandlung/ März 2015