„Ein Stand, der deinen Namen trägt“ – Die DDL beim Gesundheitstag der Ruhr Oel GmbH – BP Gelsenkirchen im Zoom Gelsenkirchen

„Ein Stand, der deinen Namen trägt“ – Die DDL beim Gesundheitstag der Ruhr Oel GmbH – BP Gelsenkirchen im Zoom Gelsenkirchen

Blog | 30.05.2022

Als ich um 8 Uhr in Recklinghausen ins Auto steige und Richtung Zoom Erlebniswelt losfahre, habe ich prompt einen lästigen Beifahrer: „Ene Besuch im Zoo, oh, oh, oh, oh …“ Ob der Ohrwurm sich mir aufgedrängt hat, weil Vorstandsmitglied und Schriftführerin Christine Müller aus Köln anreisen wird und dieses Karnevalslied vom Kölner Urgestein Willy Millowitsch stammt? Ich weiß es nicht. (Auch weiß ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass sich weitere Ohrwürmer im Laufe des Tages in meine Gehirnwindungen schleichen werden. Aber dazu später mehr.)

Morgens halb 9 in Gelsenkirchen: freies Parken am Zoogelände. „Nä, wat is dat schön!“ Ich summe weiter meinen Kölschen Ohrwurm, die Sonne strahlt, ich auch. Ich freu mich auf den Tag, auf meine erste DDL-Standbetreuung und kann nicht aufhören zu singen: „Wenn de rin küss, siehste die Kamele.“ Na ja, nicht ganz, denn vom Eingang aus sehe ich lediglich die Dächer der bereits aufgebauten Pavillon-Stadt. Haben aber auch Höcker. Irgendwie.

Hinter den Toren erwarten mich frühmorgendliche Hektik kurz vor dem Einlass, ein herzhaftes Helfer-Frühstück und eine fröhliche Christine. Nach großem Hallo und einem Ruhrpott-typischen Mettbrötchen zur Begrüßung krempeln wir die Ärmel hoch und richten den uns zugewiesenen Stand her. Beim Sortieren der Bücher und Broschüren verabschiedet sich der Kölner Karnevalsschlager so langsam aus meinem Kopf – nur um einem Stern Platz zu machen, der meinen Namen trägt. Hatte ich schon erwähnt, dass unser Infostand direkt neben dem Musikzelt des Disc Jockeys steht? (Er war vermutlich gebucht worden, um den Blutdruck des Publikums während dieses betrieblichen Gesundheitstages auf eine moderate 4/4-Taktung zu peitschen.) Läuft bei uns: Wir räumen und stapeln beschwingt und trinken unseren Kaffee „aber bitte mit Sahne!“ (Danke, Udo!) Vermutlich werde ich heute Abend die Wohnungstür aufschließen und dem mir Anvertrauten zurufen „Komm, Schatz, lass uns Discofox tanzen!“ (Sie liebt den DJ …)

DDL-Mitglied Sabine kommt hinzu. „Ich kenn dich von irgendwo her!“, sage ich. Nicht sehr originell, aber wahr. Während wir nun zu dritt den Stand fertigstellen, haben wir Zeit, darüber nachzudenken … und finden es tatsächlich heraus, denn die Welt ist klein und das Gedächtnis  groß: Wir haben vor einigen Jahren gemeinsam in einer Ergotherapie in Herten gewerkelt und gemalt. Lang ist‘s her – und wie schön, sich hier so unvermutet wieder zu begegnen! 

Heiter geht‘s weiter. Der Veranstalter hat für die Depressionsliga eine Mitmachaktion samt Verlosung organisiert, und die Attraktion an unserem Stand ist (neben den Inhalten natürlich!) der berühmte „Heiße Draht“. Wie toll ist das denn? Das absolute Lieblingsspiel meiner Kindheit auf den Sommerfesten steht hier vor mir.

Hatte es damals für die Meisterin der ruhigen Hand lediglich ein Brausebonbon oder ein Radiergummi als Preis gegeben, winkt unseren Besuchern heute beispielsweise eine Erdmännchen-Patenschaft. (Wie süß ist das denn, bitte?) Publikumsmagnet hingegen ist das von den Aufsteigern frisch signierte Schalke-Trikot, das im Wind wehend bei uns auf seinen Gewinner wartet. (Ja, man kann sich‘s nicht immer aussuchen, mag der ein oder die andere jetzt sagen, aber wir sind schließlich in Gelsenkirchen. Muss, ne?) 

Weitaus überraschender hingegen ist für uns die Wirkung der Give-Aways, die uns ebenfalls freundlicherweise gespendet worden waren: Wer hätte gedacht, dass nach all den Jahrzehnten, in denen findige Agenturen zielgruppengenaue Kampagnen für Werbematerialien entwickelten, Gummibärchen immer noch der „heiße Scheiß“ sind? (Da staunte auch der Löwe nicht schlecht, dem vermutlich in seinem Pelz genauso warm war wie den Weingummis in ihrer Verpackung.) 

Denn heiß ist auch das Wetter, und heiß sind passend dazu die Rhythmen, die der DJ unermüdlich in die Welt schickt. So viel Spaß bei der Arbeit und die kontinuierlichen leichten Tanzbewegungen sind sicherlich gesundheitsfördernd. (Empfehlen würde ich allerdings zwischendurch eine achtsame Pause mit hausgemachten Frikadellchen und koffeinfreiem Filterkaffee.) Wenn ich nicht schon eine Diagnose hätte, heute Abend könnte mein Arzt sicherlich für „Morbus Disco“ noch ein Kürzel aus dem ICD-Katalog ergänzen. (Ob Ohrwürmer allerdings eher eine dermatologische, eine gastro-enterologische oder eine psychische Akut-Erkrankung sind, bliebe an anderer Stelle zu klären. Ich kann ja nicht für alles Expertin sein, was meinen eigenen Zustand betrifft.)

Apropos „Experten in eigener Sache“: Natürlich standen heute neben Spaß und Spiel auch Information und Beratung auf dem Programm. Wie gesagt: mein erster Standdienst, und ich hatte auf Anfängerfragen gehofft à la „Darf ich mir eine Tüte Gummibärchen wegnehmen?“ So wie ich das von den Buchmessen kenne. Hier war das anders. Die erste Besucherin ging am frühen Samstagmorgen direkt in die Vollen: „Inwieweit setzt sich die Deutsche Depressionsliga für  Patientenbelange ein?“ Gut, dass ich mich nicht nur auf die Süßigkeitenfragen vorbereitet hatte. 

Sabine, Christine und ich waren den ganzen Gesundheitstag über gut beschäftigt: Wir haben viel zugehört, haben aus eigener Erfahrung berichtet, konnten Anlaufstellen nennen und erläutern, wie und wo die DDL unterstützen kann. KiTa-Mitarbeitern und Lehrern haben wir die Kinderbücher und Lesungsangebote schmackhaft gemacht, und es wurde an vielen Stellen klar, wie wichtig unsere Angebote für Teams sein können, damit die Mitglieder gut und gesund arbeiten können und das Arbeitsumfeld für Menschen mit psychischen Erkrankungen möglichst gut gestaltet ist. Oft ergaben sich die Gespräche ganz nebenher, während wir die mitgeführten Hunde streichelten, die Kinder beim Geschicklichkeitsspiel anfeuerten oder die (Groß-)Eltern ermutigten, es auch einmal zu versuchen. Pro Spielteilnahme geben wir Gummitierchen raus und nehmen pro Teilnahme an der Verlosung einen Spenden-Euro ein. Unsere Spendenbox wird vom Veranstalter am Ende auf sensationelle 1000,- € aufgefüllt! „Dat es esu schön, dat es wunderschön!“ 

Kamele habe ich übrigens den ganzen Tag keine gesehen, hatte ich auch nicht mit gerechnet. Gerechnet hatte ich mit einem wunderbaren, gleichwohl trubeligen und anstrengenden Tag – und damit, dass ich für den Rest des Wochenendes erst einmal Stille brauchen würde. Stille, Einsamkeit und Achtsamkeit. Ich fahr jetzt nach Hause. Auf eine Couch, die meinen Namen trägt. In diesem Sinne. 

Ihre/Eure Claudia Kociucki