WartenWartenWarten

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Blog | 27.09.2022

In ihrem Buch „Die Gedanken sind Blei“ (Untertitel: „Wie meine Depression die Dinge sieht“) schildert DDL-Mitglied Eva Jahnen ihre Erfahrungen mit der Depression in gar nicht bleischwerer Lesekost – sondern leicht lesbar, nachvollziehbar und verständlich für alle. Egal, ob Betroffene oder nicht. Dazu hat Eva schöne, luftig-leichte Bilder gezeichnet – ein tolles Buch! Auf Instagram und im Internet ist sie mit Discokugel als „depridisco“ zu finden. Website: www.depridisco.de . Passend zu unserer Kampagne und Petition #22WochenWarten hat Eva diesen Beitrag zum Thema „Warten“ geschrieben und uns zur Verfügung gestellt. Lieben Dank!

„Warten darauf, dass es nächste Woche vielleicht wieder besser wird und ich einfach weiterleben kann wie vorher. Warten auf helle Momente, in denen ich etwas tun kann. Warten auf den Partner, der erst abends von der Arbeit kommt. Warten auf Besserung. Okay, dann vielleicht erst übernächste Woche. Warten auf den Moment, in dem ich es schaffe, aufzustehen. Warten auf das Christkind. Warten auf Sonne. Warten auf das Fünf-Minuten-Zeitfenster der Psychotherapie-Telefonsprechstunde. Warten auf Rückmeldungen. Warten in der Warteschleife. Warten auf einen Moment, in dem ich es schaffe, da auch wirklich noch mal anzurufen.

Warten auf einen Therapieplatz: „Wir sind leider voll bis Herbst …“.

Ich hab mal so was gelesen wie: „Menschen mit schweren psychischen Problemen finden höchstwahrscheinlich seltener einen Therapieplatz, weil sie die Hürden des Gesundheitssystems nicht überwinden können.“

Sprich, gefühlte zehn Millionen Therapeut:innen abtelefonieren und um Hilfe bitten, wenn schon der Gedanke daran, es nicht alleine zu schaffen, völlige Panik in mir auslöst. Und dann noch ewig warten – ich brauche aber doch jetzt Hilfe, schließlich bin ich nun nach etlichen Monaten des Mit-mir-Ringens so tief unten, dass ich mich endlich – fast zu spät – für therapeutische Unterstützung entschieden habe …

Warten darauf, dass es leichter wird. Warten darauf, dass es hell wird.

Warten, dass der Kaffee durchgelaufen ist und zu wirken beginnt. Warten, bis ich einschlafe, wach werden, schlafen wollen. Warten, warten, warten. Ich schwebe in meiner Bleiglocke und alles fühlt sich so unendlich lang an. Ich will so gerne einfach gesund werden, mein Leben selbst in die Hand nehmen und mich nicht so abwartig fühlen, doch meist fehlt mir dazu die Kraft.“