Der Himmel muss warten

Sandra Reichert

Berlin im Herbst 2019. Wegen mehrfachen Suizidversuchs landet Maria Parker in einer Klinik. Das Wichtigste in ihrem kargen Gepäck: der Wunsch, einen Menschen zu finden, mit dem sie gemeinsam aus dem Leben scheiden kann.
Es kommt anders. Die Lebensgeschichten der Menschen, die die junge Frau dort kennenlernt, berühren sie tief. Es wird immer unvorstellbarer, deren Tod zu verursachen. Dann setzt ihr wider Erwarten der plötzliche Suizid einer Leidensgenossin schwer zu. Allmählich bleibt Maria nur die Wahl, sich ihren Ängsten zu stellen … Sie ringt mit sich, wagt sich schließlich heran an die Gründe ihrer Krankheit, die sie längst verdrängt und vergessen hatte.
Mit Schmerzlust und Galgenhumor erzählt sich Maria Parker zurück in die Welt – gegen ihre Überzeugung, dass das Leben eine Zumutung ist.

Für das große Thema der Psyche und ihren Erkrankungen hat Sandra Reichert einen ganz eigenen Sound geschaffen. Frech, frei – vor allem von Pathos – und mit einem gerüttelt Maß an Selbstironie präsentiert sie ein außergewöhnlich starkes Romandebüt. Und mit Maria Parker einen Charakter, der sein Publikum mit offenem Mund zurücklässt, aus Verwunderung, aus Bewunderung.

 

Verlag müry salzmann, 2022
250 Seiten
ISBN 978-3-99014-231-8

 

Rezension von DDL-Vorstandsmitglied Armin Rösl

Der erste Satz gilt als der wichtigste Satz eines Buches. Er entscheidet, ob man weiterliest, oder nicht. „Seit meinem dritten Selbstmordversuch kann ich sagen, dass zu sterben gar nicht so leicht ist.“ So lautet der erste Satz in „Der Himmel muss warten“ von Sandra Reichert. Er ist brutal direkt, er kann triggern, er kann verstören, er kann neugierig machen. Meine Empfehlung: Weiterlesen! Maria Parker, die Hauptfigur des Romans, landet mit Depression und anderen Dingen im Gepäck in einer Klinik. Eigentlich ist sie fertig mit dem Leben. Doch so, wie der erste Satz Schnickschnack direkt geschrieben ist, liest sich die ganze Geschichte von Parker auf den knapp 200 Seiten. Direkt und mit vielen Dialogen – weil es doch was Gutes ist, zu reden. Weil es überraschend und zugleich schön ist, in der Klinik andere Menschen kennenzulernen, die einen verstehen. Die, Achtung: ebenfalls verrückt und normal sind. Betroffene dürfte der eine oder andere Dialog mit anderen oder Selbstgespräche im Kopf an eigene Dialoge und innere Monologe erinnern. Auch deshalb, weil Sandra Reichert ohne Gedöns, ohne komplizierte, nicht verständliche Schachtelsätze schreibt. Gefühlvoll, interessant, nachvollziehbar, ehrlich, gut, frech und frei. Das Buch bietet Lesefreude und regt zugleich zum Nachdenken an. Es nimmt mit in den Kopf einer Betroffenen – und irgendwie auch in den eigenen Kopf. Der letzte Satz des Buches stammt aus einem Gesprächs, das sich Maria Parker im Kopf vorstellt: „Sie müssen sich beides werden: Schiff und Hafen.“ Ein Roman über und für das Thema der Psyche und ihren Erkrankungen.

Triggerwarnung: Literatur über psychische Krankheiten werden immer Themen ansprechen, die nicht jede*r verkraften kann, denn schließlich handelt es sich um Dinge, die manchmal kaum zu verkraften sind. Deshalb sollte dieses Buch mit besonderer Achtsamkeit gelesen werden. Sorgen Sie für sich selbst.

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